Die Rankweiler Turmbläser

Von links nach rechts: Christoph Schranz, Elias Entner, David Sonderegger, Michael Rainer, Martin Huber

Musik in die stille, heilige Nacht

Zu Weihnachten verspürte eine alleinstehende Frau aus der Gerbergasser ihre Einsamkeit noch schmerzlicher als sonst. Deswegen ging sie am Hl. Abend bewusst früh ins Bett, nicht jedoch ohne den Wecker auf Mitternacht zu stellen. Dann öffnete sie die Fenster und wartete auf die Weihnachtslieder und das „Stille Nacht“, die vom Umlauf der Basilika in das nächtliche Rankweil hinein erklangen. Euch zu hören, ist für mich Weihnachten!, erzählte sie Walter Blocher, dem ehemaligen Organisator der Rankweiler Turmbläser, und es fiel ihr schwer, bei diesen Worten nicht zu weinen. Eine andere von vielen berührenden und unvergesslichen Begegnungen: Jule aus dem ehemaligen Versorgungsheim freute sich jedes Jahr wie ein kleines Kind auf das Weihnachtsblasen. Einmal ging sie auf einen der Turmbläser zu, umarmte ihn ganz fest und meinte: Walter, du bist für mich das Christkind! Ein anderer meinte jedes Mal: Hoffentlich kommt ihr nächstes Jahr wieder!

Heute noch bereiten die Rankweiler Turmbläser vielen die größte Freude, wenn sie am Nachmittag des Hl. Abend im Landeskrankenhaus Rankweil, bei Ehrenmitgliedern, im Haus Klosterreben und später nach den Christmetten vor der St.-Josefs-Kirche und der Basilika weihnachtlich musizieren. Ein Bass, ein Tenorhorn und zwei Trompeten spielen an jedem dieser Orte fünf bis sechs Weihnachtslieder. Die Tradition dieses Weihnachtsblasens reicht mindestens bis in die 1950er-Jahre zurück. Helmut Entner, damals ein junger Turmbläser erinnert sich, wie sie im Stüble des damals noch aktiven Nachtwächters ihre Instrumente fürs Spielen aufwärmten. 1976 bestimmte Kapellmeister Heinz Zehenter, dass nur noch unverheiratete Musikanten dabei sein durften. Es kam nämlich wiederholt zu familiärem Unfrieden, wenn Ehemänner und Väter am Hl. Abend als Turmbläser unterwegs waren und dabei vergaßen, auf die Uhr zu schauen. Den Namen haben die Bläser übrigens deshalb, weil sie früher wirklich aus dem dicken Basilika-Turm heraus musizierten. Das hat sich inzwischen geändert, denn die Akustik legt es nahe, dass die Musikanten im Bergfriedhof spielen, bei der St.-Josefs-Kirche auf dem Balkon der Priesterwohnung und beim Haus Klosterreben im Garten, wo die Bewohner von den Gängen und Aufenthaltsräumen aus den Eindruck gewinnen, in Logenplätzen eines Opernhauses zu sitzen. Im LKH Rankweil steht das Ensemble auf einem der vielen Flachdächer, von wo die Patienten die Musik durch die geöffneten Fenster gut hören.

Dass die Weihnachtszeit für manche nicht nur eine heilige Zeit ist, haben die Turmbläser auch erfahren. Im Herz-Jesu-Heim beschimpfte ein älterer Mann die Bläser und die Pflegerin aufs Schlimmste und meinte, dass sie doch mit ihrem Lärm aufhören sollten. Nachdem er ins Zimmer geführt wurde, kam die Musikgruppe zu ihm. Sie fragten: Und, welches Lied sollen wir dir spielen? Er antwortete: La paloma! Auswendig spielten sie dieses bekannte Lied, worauf der vorher Übellaunige zu lachen anfing und wie ein umgekehrter Strumpf war. So ist schlussendlich auch für ihn Weihnachten geworden, wie für viele andere, die den Rankweiler Turmbläsern zuhören.

Solche Erlebnisse sind die größte Motivation für das heutige Ensemble der Bürgermusik, diese Tradition weiterzuführen. Der jetzige Leiter Martin Huber ist bereits seit 25 Jahren als Turmbläser dabei. Er meint: Das gehört für uns einfach zu Weihnachten dazu. Das Turmblasen ist in unser Familienleben und die Gestaltung des Hl. Abends integriert. Schon als Kind sind wir mit Papa (Ernst Huber) unterwegs gewesen. Ic kenne es gar nicht anders. Heute ist es so, dass meine Frau und unsere drei Kinder zum Haus Klosterreben kommen, um zuzuhören und mich abzuholen. Wichtig ist, dass die Familie dahintersteht und dass das Weihnachtsblasen gut in den Ablauf dieses Tages eingefügt ist.

Im Namen der Pfarrgemeinde danke ich den Turmbläsern für diesen so wichtigen Beitrag, damit für viele in Rankweil wirklich Weihnachten wird, nicht nur am Kalender, sondern auch in den Herzen und im Gemüt! *  

Pfr. Walter Juen